Freilichtmuseum Beuren zeigt Ausstellung "Typisch Schwäbisch"

Verfasst von: Thomas Krytzner
Die Schwäbisch-Alemannische Fasnet ist über die Grenzen bekannt
Die Schwäbisch-Alemannische Fasnet ist über die Grenzen bekannt  Bild: Thomas Krytzner
Beuren [ENA] Am liebsten feiern sich die Schwaben selber, am liebsten bei einer "Hocketse". Das Freilichtmuseum Beuren zeigt in seiner Ausstellung, was "typisch Schwäbisch" ist. Dem Besucher wird leicht verständlich Einblick in die Geheimnisse der Kehrwoche und die Leibspeise der Schwaben gegeben. 

Etliche Erfindungen, die heute weltweit im Einsatz sind, kommen aus Baden-Württemberg, sind eine Erfindung der Schwaben. Ob es die Nobelkarosse mit dem Stern ist oder der Teddybär mit dem Knopf im Ohr, beide haben ihren Ursprung den schwäbischen Pionieren zu verdanken. Aber auch die kleinen Dinge, wie zum Beispiel der Dübel wurden im Schwabenland erfunden. Die aktuelle Ausstellung zeigt die Pioniere, Dichter und Denker und lässt dabei traditionelles und festverwurzeltes der Schwaben nicht außer Acht.Die vielen ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Freilichtmuseum Beuren sind sehr kreativ, wenn es darum geht, den zahlreichen Besuchern interessante und spannende Eindrücke aus der Vergangenheit zu vermitteln.

Die Spätzlespresse gehört in die Schwaben-Küche
Mit diesem Stimmzettel wurde das Schicksal besiegelt
Spare, spare, Häusle baue...

So fanden kürzlich die Schäfertage statt und in Kürze hört man dann viel Gemecker, wenn die Ziegen ihren großen Auftritt in Beuren haben. Beuren liegt am Fuß des Hohen Neuffen - ein beliebtes Ausflugsziel mit imposantem Ausblick - unweit von der Stadt Nürtingen. Die Dauerausstellung "Typisch schwäbisch" bringt vielfältig und lebendig zum Ausdruck, was Schwaben und Nicht-Schwaben für typisch schwäbisch halten. Wo grenzt sich das Schwäbische von anderem ab, wo sind die kleinen und feinen Unterschiede? Werner Unseld und seine wissenschaftlichen kollegen Martin Beer, Brigitte Haug und Jens Schmukal gestalteten gemeinsam mit Gitti Scherer und Rebecca Benz eine Dauerausstellung, die Antwort auf die Schwaben-Fragen liefern.

Stefan Gössel und Philipp Loser haben die Realisation übernommen und damit für die Besucher auf 300m2 Informationen und und Geheimnisse der Schwaben sicht- und fühlbar gemacht. Für die Kinder und Jugendlichen gibt es extra eine Entdeckerrunde mit Quiz. "Wir können alles. Außer Hochdeutsch." Dieser Werbespruch dürfte den meisten bekannt sein und die Schwaben sind stolz drauf, dass sie den Dialekt beibehalten und ihn pflegen wie einen wertvollen Schatz. Gründe dafür gibt es genug: Schwäbisch ist älter als die deutsche Standardsprache, dennoch gilt schwäbisch als Dialekt. 

Larfen und Masken prägen die Fasnet im Schwabenland (Bild: Thomas Krytzner)

Die Wurzeln liegen im Alemannischen und gesprochen wird der Dialekt in Teilen von Baden-Württemberg, Bayern und sogar Österreich. Schwäbisch hat einen hohen Wiedererkennungswert, man denke dabei an die frühere Werbung im Fernsehen, wenn sich s' Äffle und s' Pferdle dialektisch unterhielten. Am bekanntesten ist wohl die Verkleinerungsform mit "-le" am Ende. So liebt der Tierbesitzer nicht seine Katze, sondern sei Kätzle. Die Fastnacht-Fasnet und die Kehrwoche Weit über die Landesgrenzen hinaus ist die Schwäbisch-Alemannische Fastnacht (im Dialekt Fasnet). Ursprünglich wurde die 5. Jahreszeit nur in katholischen Gebieten gefeiert, denn die Fastnacht ist, wie es der Name schon sagt, die Nacht vor dem Fasten. Da wurde nochmal gefeiert und alle Lebensmittel gegessen. Durch die Vermischung von reformierten und katholischen Schwaben fand die Fasnet auch im Schwabenland Einzug.

Seither beginnt am 6. Januar das närrische Treiben der Maskierten und erreicht seinen Höhepunkt am "Schmotzigen Dunschtig" - hier kann der Begriff je nach Region variieren - und am Aschermittwoch beginnt dann die Fastenzeit. Teufel und Hexen sind die häufigsten Verkleidungen. Viele Traditionen finden ihren Ursprung bei der Kirche, respektive in Glaube und Religion. Selbst die Kehrwoche - vielseits belächelt - gilt zum Teil bis heute als "Heilig". Dennoch spaltet diese Institution die Gemüter. Für die einen ist sie Ausdruck der schwäbischen Tugend, für die anderen ein lästiges Instrument sozialer Disziplinierung.

Schaufel, Besen und das Kehrwocheschild gibt es heute noch (Bild: Thomas Krytzner)

Dabei ist die Kehrwoch schon 524 Jahre alt, denn im Stuttgarter Stadtrecht von 1492 ist sie erwähnt und im 1642 eingeführten Kirchenkonvent quasi zur Bürgerpflicht mit Strafandrohung geworden. Wer nicht putzte landete im Knast oder musste eine ordentliche Geldbusse berappen und wer andere beim Versäumnis verpetzte konnte sich einen schönen Batzen dazu verdienen. Nun wird schnell klar, warum die Aktivitäten zur Kehrwoche vornehmlich an einem Samstag durchgeführt werden: Es gilt, sich optisch und möglichst laut in Szene zu setzen, damit auch jeder im Dorf oder gar in der Stadt mitbekommt, dass man der Kehrwochenpflicht nachkommt und somit keinen Grund bietet, dass man verpetzt wird. So steht hinter der Kehrwoche eine höher gelegte, fast heilige Ordnung, die sich bis heute durchsetzt. Nicht nur das, in der Tourismusbranche findet die Kehrwoche reißenden Absatz.

Linsen mit Spätzle ist das Nationalgericht der Schwaben (Bild: Thomas Krytzner)

Das Lieblingsgericht der Schwaben: Linsen mit Spätzle Es gibt in vielen Regionen Deutschlands typische Gerichte. Für die Schwaben gelten "Linsen mit Spätzle" aber als Nationalgericht. Spätzle gelten seit ewiger Zeit als Leibspeise und wurden ursprünglich ausschließlich mit Dinkelmehl hergestellt, beziehungsweise geschabt. Sie sind mehr als bloße Beilage. Kommen sie doch als Käse- oder Krautspätzle, im Gaisburger Marsch oder als Spätzle mit Soß' und Braten auf den Tisch. Nicht zu vergessen sind die Maultaschen, auch liebevoll "Herrgottsbscheißerle" genannt, weil sie mit Fleisch gefüllt in der Fastenzeit den gebotenen Fleischverzicht unterlaufen. Weltweit bekannt sind die Laugenbrezel oder das "Viertele" heimischen Weines. Im schwäbischen gibts bei vielen Feierlichkeiten die Butterbrezel, aber auch Schorle.

Ziel dieser kurzweiligen Ausstellung im Freilichtmuseum Beuren ist, die Sicht auf das Schwäbische zu hinterfragen. Die einen werden sich durch "Typisch Schwäbisch" bestätigt, die anderen vielleicht infrage gestellt sehen. Werner Unseld sagt es deutlich: "Diese Ausstellung lebt mit und von den Besuchern." Am Ende des Rundgangs steht eine riesige Pinwand, auf der sich jeder verewigen kann. Viele schwäbische Botschaften, wie zum Beispiel: "Ich wurd stark und groß durch Spätzle mit Soß" hängen an der Wand, aber auch einfach nur Komplimente für eine tolle Ausstellung, die die Geheimnisse des typisch Schwäbischen ein wenig lüftet. Das Freilichtmuseum ist noch bis 6. November, jeweils von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Info: freilichtmuseum-beuren.de

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Artikelsignatur: Thomas Krytzner | Autoren-Ressort: Region.Reporter.de
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